Kantoreireise 2016

Zwischen Keschde und Kyrie – Eine Reise in die Pfalz

Freitag, 30. September 

Los gehts – Abfahrt in der Dunkelheit, immer der Sonne ein Stück voraus, aber es sollte fast dunkel werden, bis wir unser Ziel nahe der französischen Grenze erreicht haben werden

Am Vormittag halten wir in Bamberg. Zeit ist genug, um den Dom zu besichtigen.

Andererseits war als Chorkleidung für das Konzert am Sonntag eine schwarze Hose vorgeschrieben. Nun ist eine blaue Hose eben keine schwarze Hose. Daher musste der Chronist noch andere, weniger exklusive Gegenden von Bamberg besichtigen…

Die nächste Rast auf der Autobahn nutzen die einen zu Würstchen und Kartoffelbrei aus dem Bus, andere aber um den Versuch vorzubereiten, im Bus ein bisschen zu proben. Wir wissen aber jetzt, es ist unmöglich, im Bus zu proben…

Um 19.00 Uhr kommen wir aus den endlosen Staus drei Stunden später als erhofft im schönen Pfälzer Wald an. Die Zeitpläne geraten auseinander, aber der Tag hat extra zum Trost noch einen Schimmer Helligkeit übrig gelassen, um uns einen schönen Blick von unserer Pension Bergterasse hinunter auf das Städtchen Annweiler zu gönnen…

und auf die Burg Trifels

trifels

Die Kantorei eilt zum Pfälzer Essen. Eigentlich enthalten alle Speisen Kastanien, hier im Dialekt Keschde genannt. So werden Keschdebuckle und Saumagen und Pfälzer Wein geordert. Man hätte sich gern festgesessen, aber die Abendprobe. ..

Um 21.00 Uhr beginnt die Probe in der Friedenskapelle, die der Hotelbesitzer neben seinem Hotel errichtet hat. Keine Privatkapelle mit 4 Plätzen, wie man sie zuweilen antrifft, nein, eine Kirche, groß genug, um heutzutage in Sachsen als Dorfkirche zu genügen. Was Ihr nicht wisst und niemand ahnt: im Turm hängt ein verworfener Fehlguss einer Frauenkirchenglocke.

Proben bis die Augen vor Müdigkeit keine Noten mehr erkennen …

 

Samstag, 1. Oktober

Der Morgen ist neblig über dem Pfälzerwaldtal. Die erste Probe beginnt schon um 8:30 Uhr, allerdings nur für die wenigen Männer.

Wir starten zur Rundfahrt auf der Weinstraße bis ins Elsass. Schon wieder sind die Frauen nicht nur in der Überzahl, sondern auch im Vorteil: wir bekommen einen so charmanten Reiseleiter, der sie alle schnell begeistert, ein entertainment-Pfälzer, nie um einen flotten Witz verlegen.

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Und drei anzügliche Geschichten weiter sehen wir eine Wein-Vollernte-Maschine – allerdings ohne Beweisfoto. Unglaublich.

Kleiner Gang durch das Winzerdorf Roth unter Riethburg

Die beste Wein der Pfalz, also wahrscheinlich Deutschlands gedeiht hier: am Keschdeberg bei Leinsweiler. In den Hochtälern sagt man, aus denen jetzt die Regenwolken steigen, hält sich die wame Abendluft und umschmeichelt den Weißburgunder.

Wir kommen ans Deutsche Weintor. Wir verkosten und kaufen.

Dann stellt sich schnell das Hinterhältige des Weintors heraus.  Die Weinhändler, zumeist Juden, wurden in der Nazizeit vertrieben und so versuchte man dem fehlenden Vertriebsnetz die Idee einer Weinstraße entgegenzusetzen. Die Winzer im Reichsarbeitsdienst wurden zur Errichtung  dieses formschönen Tores verdonnert…

Vom Weintor aus reisen wir die wenigen Meter hinüber in das Land, dem der Trutz galt: nach Frankreich.

Stadtrundgang im wunderschönen Wissembourg.

Hier wirkte Ottfried von Weissenburg und übersetzte die Evangelien  – lange, lange vor Luther. Hat sich aber nicht so durchgesetzt.

Schließlich Heimkehr, Imbiss auf dem Keschdefeschd (also Kastanienfest) meist mit Flammkuchen (ja: Flammkuchen mit Keschde). Von da geht es zur Abendprobe in die Stadtkirche, gleich neben dem Markt, von wo sich die Klänge des Songs „17 Jahr, blondes Haar“ mit unserem „Kyrie“ von Dubois zu vermischen suchen. Aber irgendwie mischt sich das nicht, obwohl beides Musik ist.

Die Probe bis nach 22.00 Uhr – man darf es so nennen: sehr aufgeregt. Das lässt sich einstweilen in großer Runde im Hotel mit einheimischen Weinen bekämpfen-

Sonntag, 2. Oktober

Der Tag steht im Zeichen des Abendkonzerts. Vormittags singt die Kantorei schon mal im Erntedank-GD. Dann gibt’s beim Gemeindefest Kürbissuppe und natürlich Pfälzer Wein.

Ein Foto von der konzentrierten Nachmittagsprobe:wp-1475611955821.jpeg

Nach der Probe gibt es eine Pause auf dem Keschdefest zum kleinen Imbiss. Wir werden dabei sogar von der  Märchenerzählerin mit einem Gedicht unterhalten. Was wollt ihr hören? Was Lustiges! Na ja…

Die Spannung steigt

Geschafft. Zugaben, viel Beifall, beim Auszug gar standing ovations. Schließlich sitzt die ganze Kantorei erleichtert beim Stadt-Italiener

Montag, 3. Oktober 

Die Kantorei macht sich um 9.00 Uhr auf den Heimweg. Wir singen dem Hotelpersonal noch ein Ständchen. Dann werden wir verabschiedet wie ganz sicher noch nie zuvor ein Chor jemals  von einem Hotel verabschiedet wurde: die Glocken der Friedenskapelle läuten nur für uns. Ein Verstoß gegen die Läuteordnung freilich…

Wer es nicht glaubt, kann sich hier das Video als Beweis anschauen:

https://youtu.be/ucCkzeoSGgU

Kurzer Halt in Speyer. Leider durften wir im gewaltigen Dom nicht singen,dabei hätte unser Alta trinita beata vom gestrigen Einzug des Chors gut gepasst

Dafür gibt’s eine Runde Sekt von Busfahrer Mathias Joram, ausgegeben auf die Geburt des neuen Enkelkinds Matteo:

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Na gut, wenn wir in Speyer nicht singen dürfen geht es eben weiter auf regennasser Autobahn.
Wird hier etwa schon an einer Choreographie zu Haydns Schöpfung gearbeitet? Jedenfalls ein echter Karin-Schnappschuss

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Wenigstens singen wir noch einmal im Kirchlein Himmelskron an der Autobahn.

Zeit um sich zu verabschieden, Dank zu sagen  Mathias Joram, der unser Sammeltrinkgeld unserer Chorkasse spendete!

Dank aber auch für die Organisation der schönen Reise an Regina Fritze und Dank an Alexandra Skiebe, dass es zu einem so schönen Konzert kommen konnte.